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Leichtathletik-Verband Nordrhein

Rita Wilden: Die Grande Dame der Stadionrunde wird 70

Rita Wilden, 1972 in München Olympia-Zweite über 400 Meter, vollendet am Montag (9. Oktober) ihr 70. Lebensjahr. Nicht nur ihre drei Olympia-Teilnahmen sind bemerkenswert. Beim TSV Bayer 04 Leverkusen werden ihre 1974 als EM-Dritte auf der Stadionrunde gelaufenen 50,88 Sekunden immer noch als Vereinsrekord geführt. Längst hat die Jubilarin die Spikes gegen Golfschläger getauscht und schlägt beim Golfclub Leverkusen ab.

 

Das beherzte Rennen bei den Olympischen Spielen 1972 in München war ihr größter Erfolg. Couragiert blieb die damals 24-Jährige der Favoritin Monika Zehrt (DDR) auf den Fersen und hätte ihr fast noch Gold weggeschnappt. Erst kurz vor der Ziellinie entschied die Weltrekordlerin das Rennen in 51,08 Sekunden für sich. Rita Wilden erkämpfte in 51,21 Sekunden Olympia-Silber. Kaum mehr als ein Schritt trennte sie vom Olympiasieg.

„In München habe ich mich wahnsinnig über meine Silbermedaille gefreut“, erzählte Rita Wilden später dem Sportjournalisten Uwe Prieser. Aber bald sei jemand zu ihr gekommen und habe gesagt: „Rita, den einen Schritt schneller, den hättest du doch noch schaffen können. Es sah noch so leicht aus.“ Darüber habe sie sich sehr geärgert, so die gebürtige Leipzigerin. „Denn wenn ich mich nicht restlos ausgegeben hätte, wäre die Medaille doch nicht so viel wert gewesen.“

 

Lockerer Laufstil

In der Tat pflegte Rita Wilden einen leichten und lockeren Laufstil, der oftmals den Eindruck erweckte, als habe sie keineswegs alle Reserven abgerufen. „Ich muss mich wohlfühlen beim Laufen“, sagte sie 1976 der Wochenzeitung „Die Zeit“ (http://www.zeit.de/1976/25/mir-macht-laufen-einfach-spass). Sie würde das Training nie in Kauf nehmen, wenn sie nicht so gern liefe. Strebsam, geduldig und gelehrig reizte sie zunächst ihre Grundschnelligkeit aus. 1968  - da noch unter ihrem Mädchennamen Jahn und bei Alemannia Aachen unter den Fittichen von Herbert Missalla – erfolgte in Mexiko das Olympia-Debüt.

Die Silbermedaille mit der deutschen 4x100-Meter-Staffel bei den Europameisterschaften 1969 in Piräus (Griechenland) war das erste Edelmetall auf internationalem Parkett. 1971 bei der EM in Helsinki (Finnland) belegte Rita Wilden über 200 Meter Platz sechs. Ein Jahr später kam für die Athletin von Gerd Osenberg in München neben besagtem Einzel-Silber Staffel-Bronze hinzu. In der erstmals für Frauen bei Olympischen Spielen ausgetragenen 4x400-Meter-Staffel wurde sie mit dem Quartett der Bundesrepublik Dritte hinter der DDR und den USA.

 

Achtfache Deutsche Meisterin

Es folgten das EM-Bronze 1974 mit dem damaligen deutschen Rekord von 50,88 Sekunden und Platz fünf mit der 4x400-Meter-Staffel bei den Olympischen Spielen 1976. Einzeln erreichte Rita Wilden bei den Spielen von Montreal (Kanada) das Halbfinale. Zudem holte sie 1976 bei der Hallen-EM den Titel über 400 Meter. 1968, 1969 und 1971 wurde Rita Wilden Deutsche Meisterin über 200 Meter und dann von 1972 bis 1976 fünf Mal in Folge über 400 Meter. Der TSV Bayer 04 Leverkusen führt ihre 400-Meter-Bestzeit auch nach 43 Jahren noch als Vereinsrekord.

Der Leichtathletik ist Rita Wilden immer noch verbunden. „Jedes Jahr fahre ich zu den Deutschen Meisterschaften, schaue mir die Wettkämpfe an und treffe dort viele Athleten von früher wieder“, erzählt die Weltklasse-Viertelmeilerin. Auch ihrem Verein hält sie immer noch die Treue und gehört zum sogenannten Freundeskreis der Leichtathletik-Abteilung des TSV Bayer 04. Sie und ihr Mann leben im Schatten der Leverkusener BayArena und somit nur einen Steinwurf von ihrer früherer Trainingsstätte entfernt in einem schmucken Eigenheim – auch das ein Beweis von Bodenständigkeit.

 

Handicap 10

Die Spikes hat Rita Wilden längst gegen Golfschuhe getauscht. Handicap 10, das ist mehr als respektabel. In der Altersklasse 65 gelang ihr mit den Damen des Golfclubs Leverkusen in diesem Sommer auf regionaler Ebene der Aufstieg in die höchste Liga - mit einem gewaltigen Vorsprung von 62 Schlägen zum Gruppenzweiten. Aber damit nicht genug. Auch die AK 50, die Rita Wilden ebenfalls verstärkt, schaffte den Aufstieg.

Golf gespielt wird auch während des bald anstehenden Mallorca-Urlaubs. Der Geburtstag indes wird nicht groß gefeiert. Zahlreicher Glückwünsche darf sich die Jubilarin aber dennoch sicher sein.

 

Harald Koken | Freitag, 06 Oktober 2017 00:00